Zusammentreffen der Kinder und Familien im November 2016

Die Kinder und deren Familienangehörige wurden wie Jeden Monat von ihrem seelischen Vater Baqii Samandar und unseren Mitarbeitern ganz lieb und herzlich empfangen.

Ungefähr vor zwei Monaten begannen die Mitarbeiter von KUFA, ein weiteres Gebäude zu errichten. Auch die Familienangehörigen der Kinder packten tatkräftig mit an. Alle freuen sich, nun endlich eine große, sichere und warme Unterkunft für den nächsten Winter zum lernen und spielen zu haben. Außerdem können nun in Zukunft noch mehr Straßenkinder in das Projekt integriert und von ihrer harten Arbeit auf der Straße befreit werden.

Es gibt auch eine traurige Nachricht: Eine Frau aus dem Umfeld unseres Projektes wurde von ihrem Mann ermordet. Diese grauenvolle Tat ist leider kein Einzelfall. Nach wie vor werden Frauen in Afghanistan von Männern dominiert, und haben faktisch keine Rechte bzw. Möglichkeiten, sich zu wehren.

Zur Bildung in Afghanistan

Auf den regelmäßigen Treffen mit den Familien thematisieren wir unter anderem das Problem und die Folgen mangelnder Bildung, nicht nur der Frauen, sondern auch der Männer. Durch mangelndes Wissen und Aufklärung wehren sich Frauen selten gegen den Missbrauch und ergreifen keine Initiative, sondern nehmen die gegebenen Zustände widerspruchslos hin. Wir vermitteln den Frauen in unserem Projekt das Bewusstsein dafür, dass sie Entscheidungen auch selber treffen können und ihre Interessen ohne Furcht vertreten sollten.

Die Beeinflussung durch Desinformationen ist ebenfalls ein großes Problem. So verbreiten ungebildete Mullahs in Moscheen Lügen über Textstellen im Koran, die dieses und jenes Verhalten verbieten würden. Leichtgläubige fallen auf diese Volksverhetzung schnell herein. Dabei muss der Mullah nicht mal bewusst Fehlinformationen verbreiten, denn zumeist hat er selber es so beigebracht bekommen.

Der Koran wird im arabischen gelesen und gepredigt. Außerdem findet der Islamunterricht in Schulen ab der ersten Klasse statt, und nur in einigen Schulen wird die Bedeutung des Korans ab der 10. Klasse vermittelt. Die Schüler lernen die Verse stumpf auswendig, ohne dabei genau zu wissen, was sie von sich geben. Der Großteil der Büger Afghanistans kann die eigenen Landeshauptsprachen Farsi und Pashto weder lesen noch schreiben, geschweige denn Arabisch.

Durch die mangelnde Bildung ist Analphabetismus weit verbreitet in Afghanistan. Betroffene sind nicht in der Lage, eigenständig die Quellen für ihren Lernfortschritt auszuwählen, oder die der Lehrenden zu überprüfen. Somit ist ein Großteil der Bevölkerung sowohl beim Besuch der Moschee als auch der Schule oder Universität gefährdet, durch Desinformationen beeinflusst zu werden. Was zur Folge hat, dass die Betroffenen teilweise verantwortungslos handeln, und sich dabei stets auf die Worte von Lehrern oder Mullahs zu berufen.

Die Analphabeten sind sich darüber hinaus leider zumeist nicht bewusst, dass sie selbst wiederum ein riesiges Ausmaß an Prägungspotential mit sich bringen, und dieses bei jeder Vebreitung von "persönlichen Meinungen", "Informationen" und Taten eine Kettenreaktion der Desinformation nach sich zieht.

An diesem Beispiel sieht man sehr deutlich, wie wichtig vor allem das Lesen und Schreiben der eigenen Sprache ist. Den Koran beispielsweise kann man überall in Afghanistan auf Dari oder Pashto kaufen. Daher versuchen wir an erster Stelle, allen Kindern, Jugendlichen und deren Eltern das Lesen und Schreiben beizubringen. Wir hoffen, damit dazu beizutragen, dass sich Lesen und Schreiben in Form einer positiven Kettenreaktion verbreitet: von Schüler zu Mitschüler, von Kindern im KUFA-Projekt zu Straßenkindern, von Kindern zu Eltern und von Eltern zu Kindern.

Der Bezug zur eigenen Sprache soll hergestellt werden, um selbsständig Zugang zu Informationen und Wissen zu erlangen, und um Behauptungen und Irrtümer auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen zu können. Es ist uns wichtig, allen Projektteilnehmern stets zu vermitteln, dass Lernen und Lehren nach Wissenserwerb ungeheuren Spaß machen kann.

Wir sehen es als unsere persönliche Aufgabe, alle Kinder in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, damit sie sich ihrer Rechte bewusst werden und für diese auch einstehen können. Diese Kinder und Jugendlichen sind die Zukunft ihres Landes und sie haben es verdient, sich zu bilden und ihr Potenzial zu entdecken.

Malen

Heute bekamen die Kinder eine Menge Stifte und Papier mit dem Auftrag, ein Bild zu malen, auf dem sie ihren größten Wunsch abbilden sollten. Alle Kinder und Jugendlichen freuten sich, ihre Wünsche und Träume zum Ausdruck zu bringen und den anderen Kinder und ihren Eltern zu präsentieren.

Robaba's Bilder

Robaba - über die wir bereits berichtet hatten - ist behindert und kann deshalb ihre Arme nicht nutzen. Sie ist nichtsdestotrotz eine leidenschaftliche Künstlerin und malt wunderschöne Bilder. Es wurden sogar schon ausländische Medien auf sie aufmerksam und verfassten kurze Berichte über sie und ihre schönen Kunstwerke.

Zum heutigen Anlass hat sie ein Bild mit dem Titel "Mädchen sind Blumen" gemalt. Sie erklärte uns diese wunderschöne Metapher so, dass jedes Mädchen Hilfe zum heranwachsen braucht.

Das Wasser und die Sonne sind die Zeit und Liebe, die dem Samen geschenkt werden, sodass aus ihm eines Tages eine wunderschöne Blume entspringen kann. Doch nur weil man die Blume schön findet, darf man ihr keine Blätter und Blüten abpflücken oder gar die ganze Blume aus dem Boden reißen.

Reboba teilte am Ende noch ihren Wunsch mit, dass sie sich für alle Mädchen und Frauen ein großes Selbsbewusstsein wünsche, und dass sie männlichen Mitbürgern stets als ebenbürtig gelten mögen.

Ein Dankeschön

Ein riesen Dankeschön geht an dieser Stelle an Herrn Ali Reza. Die Kinder sprachen Ali Reza ihre herzlichste Dankbarkeit aus, weil er ihnen so viel gespendet hat und soviel Zeit und Geld seiner Arbeit investiert hat, um ihnen vor Ort in Kabul weiterzuhelfen.

Nach dem leckeren gemeinsamen Mahl erhielten sämtliche Kinder und Jugendliche wieder ihre monatliche Unterstützung und gingen glücklich nach Hause, nachdem sie von unseren Mitarbeitern vor Ort herzlich verabschiedet worden sind.

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