Brief an den Außenminister

Die Präsidentin des Roten Halbmondes in Afghanistan besteht auf die Rückgabe des Gebäudes umseres Frauen- und Waisenhauses an ihre Organisation.

Seit 2003 hat KUFA mit dem Frauen- und Waisenhaus in Kabul mit viel Arbeit ein Projekt aufgebaut, das vielen Menschen zur Heimat geworden ist.

Wir werden uns gegen diese vertragswidrige Forderung zur Wehr zu setzen. Wir benötigen und begrüßen jede Unterstützung von "offizieller" Seite. Wir werden auch weiterhin über die deutsche Botschaft in Kabul alles versuchen, was in unserer Macht steht, um die zukünftige Existenz der Einrichtung zu sichern. Hier veröffentlichen wir einen Brief, den wir an Außenminister Frank - Walter Steinmeier und in leicht abgewandelter Form auch an Cem Özdemir (Bundesvorsitzender der Grünen), Frau Wieczoreck-Zeul (Bundesministerium fuer wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und Oskar Lafontaine (die Linke) geschickt haben.

Hamburg, den 12.04.2009

Sehr geehrter Herr Minister Frank - Walter Steinmeier,

wir haben mit großem Interesse Ihr Engagement in Afghanistan verfolgt und auch wir sind der Meinung, dass die Intervention in dem fernen Land nur erfolgreich sein kann, wenn dort der soziale Fortschritt und die wirtschaftliche Entwicklung vorangetrieben werden. Aufstockung des Militäreinsatzes ohne aktiven Wiederaufbau wird, wie die letzte neun Jahre zeigten, das Gegenteil bewirken und die Taleban und die radikalen Störer noch mehr stärken.

Um einen kleinen Teil zum Wiederaufbau des zerstörten Landes beizutragen und sich für den notleidensten Teil der Menschen dieses Landes, nämlich der Waisenkinder und Witwen einzusetzen, haben wir im Jahre 2003 mit größtem Aufwand und viel Arbeit das Frauen - und Waisenhaus und eine Ausbildungsstätte in Kabul aufgebaut, und sie bis heute erfolgreich geführt.

Damit wir unsere Projekte in Kabul realisieren konnten, wurden folgende Schritte getan:

Ich fragte 2002 Herrn Karsai während seines ersten Besuches in Berlin, ob seine Regierung uns für ein solches Projekt Gebäude und Grundstück zu Verfügung stellen möchte. Er begrüßte unser Vorhaben und bezeichnete es als dringende und notwendigste Aufgabe, für die Kinder und Frauen der "Märtyrer" zu sorgen. Er sagte "für Ihre Zwecke sind genügend zerbombte Gebäude vorhanden". Er gab uns seine schriftliche Empfehlung an Herrn Aimaq, damaliger Bürgermeister von Kabul, und Herrn Hadji Kahrabek Isedjar, damaliger Präsident des Roten Halbmondes.

Mit dieser Zusage machte sich eine Delegation von KUFA auf den Weg nach Kabul und besuchte Herrn Hadji Kahrabek Isediar. Dieser empfing die Delegation sehr hilfsbereit und übergab ein Gelände mit einem von Bomben total zerstörten Gebäude darauf. Anhand eines Vertrages zwischen dem Roten Halbmond und KUFA wurde festgelegt: KUFA verpflichtet sich, dieses zerstörte Gebäude mit eigenen Mitteln instand zusetzen. Dafür kann KUFA solange Gelände und Gebäude für seine Projekte nutzen, wie der Verein in Afghanistan tätig ist.

Auf Grundlage dieses Vertrages und der Wichtigkeit solcher Projekte zum zivilen Aufbau des Landes wurde von BMZ 35625,- €, von GTZ 32500,- USD, von der Deutschen Botschaft in Kabul ca. 20000,- USD investiert. Dazu wurde von zahlreichen privaten Personen und Institutionen gespendet, so dass insgesamt ca. 250000,- USD für die Instandsetzung der Ruine und den Bau eines neuen Gebäudes aufgewendet wurden.

Als Anlage fügen wir die DVD, die über die Arbeit der letzte 9 Jahre von KUFAe.V. in Kabul berichtet und die Kopien der schriftlichen Empfehlung von Karsai und den Vertrag zwischen KUFAe.V. und dem Roten Halbmond auf Dari und Englisch, bei.

Nach dem erfolgreichen Projektaufbau kommt nun die Intervention der jetzigen Präsidentin des Roten Halbmonds, Frau Fatima Gailani, die das Frauenhaus als Gästehaus nutzen möchte. Anfang Juni des vergangenen Jahres ließ sie sogar durch den Einsatz Bewaffneter den Kabuler Projektleiter von KUFA, Herrn Ganisada, am Betreten seines Arbeitsplatzes hindern. Darauf hin wurden von KUFA alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sich gegen dieses Unrecht und den Vertragsbruch zur Wehr zu setzen. Bei einer Pressekonferenz, die von GfbV und der Stiftung für politische Verfolgte in Hamburg gegeben wurde, berichtete KUFA über das Problem und gab eine schriftliche Pressemitteilung an die Medien. Weiterhin wendeten sich KUFA und GfbV an das Auswärtige Amt, BMZ und die Deutsche Botschaft in Kabul.

Kurz darauf wurden uns von Herrn Warner, BMZ, Frau Adeba, Auswärtiges Amt und von Herrn Kipping, deutsche Botschaft in Kabul, freudig mitgeteilt, dass der Herr Botschafter persönlich mit Frau Gailani gesprochen hat und diese sich daraufhin zurückgezogen habe. Bei einem abschließenden Gespräch an einem runden Tisch sollten die Einzelheiten der zukünftigen Zusammenarbeit zwischen beiden Organisationen geklärt werden. Im Oktober 2008 fand dieses Gespräch in Anwesenheit von Herrn Schmid, dem Vorstandsmitglied von KUFA, Herrn Götz und des Vertreters des Roten Halbmonds in der Deutschen Botschaft in Kabul statt. Es wurde nicht wie erwartet über Zusammenarbeit gesprochen, sondern der Vertreter des Roten Halbmonds forderte KUFA auf, das Frauen- und Waisenhaus sowie die Ausbildungsstätte zu räumen und drohte mit gerichtlichen Schritten. Herr Schmid und sein Dolmetscher Herr Wodud bezeichneten diese Drohung als Bluff und rieten KUFA stillzuhalten und „keine schlafenden Hunde zu wecken". Leider handelte es sich nicht um einen Bluff, seit Mitte März dieses Jahres existiert nun eine Ladung für KUFA vor Gericht in Kabul.

Es scheint so, als ob KUFA mit allen Mitteln aus seinen Gebäuden gedrängt werden soll und die Zerstörung dieses Frauenprojektes durch Frau Gailani in Kauf genommen wird. Wir bedauern, dass bisher Initiativen deutscher Stellen, so der Deutschen Botschaft in Kabul, des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums für Zusammenarbeit keine dauernden Erfolge erreicht haben.

Wir gehen davon aus, dass Sie sich, sehr geehrter Herr Minister, für diese bisher erfolgreichen und vorzeigbaren Projekte weiter und energisch einsetzen werden und nicht zuzulassen, dass deutsche Gelder, die für den zivilen Aufbau gegeben wurden, Opfer der Korruption werden. Wir bitten Sie herzlich, alle Ihre Möglichkeiten zu nutzen um diesen Witwen und Waisen zu Hilfe zu kommen.

Es wäre schade, wenn eine Initiative, wie die des KUFA e.V., die von vielen ehrenamtlichen Unterstützern und Spendern, über Deutschland hinaus getragen wird, scheitern würde, zu einer Zeit, wo wir wissen, dass die militärischen Anstrengungen in die Leere gehen werden, wenn nicht viele dieser humanitären Initiativen erfolgreich sein werden.

Wir bedanken uns herzlich für Ihre Unterstützung.

Mit besten, herzlichen Grüßen
Vorsitzender
A. Rahman Nadjafi

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