Ein Treffen mit Baqi und Afschin Payman Samandar

Baqi Samandar ist KUFA's Projektmanager in Kabul und seelischer Vater der betreuten Straßenkinder. Sein Sohn Afschin Payman lebt in Hamburg und ist ebenfalls bei KUFA e.V. engagiert.

Ein Bericht von Gudrun Hörmann vom Verein „Gutes Tun“.

Als ich am 9.September um 12.00 Uhr am ZOB in München ankam war kein Taxi da, mit dem ich in die Riedlerstrasse fahren konnte, um dort Vater und Sohn Samandar zu treffen. Ich rief Afschin Payman an und er erklärte sich sofort bereit mit Baqi zu mir zu kommen. Also trafen wir uns im Vapiano am ZOB. Lustige Bemerkung am Rande: Wir treffen uns vom Verein aus sehr oft mit den afghanischen Jungs im Vapiano in Innsbruck :-) Das war ein gutes Omen!

Da ich Baqi nur aus Erzählungen kannte und wir bis gestern nur per E-Mail und Facebook Kontakt hatten, freute ich mich sehr ihn endlich persönlich kennen zu lernen.

Während Afschin für uns Essen und Getränke holte, erzählte Baqi kurz über seine Entscheidung 2001 (nach Abzug der Taliban) wieder nach Kabul zurückzukehren und sich dort um die Straßenkinder zu kümmern. Baqis Frau Soraya blieb mit den gemeinsamen Kindern in Deutschland zurück, damit Afschin und seine Schwester in Frieden ihre Ausbildungen machen konnten. Diesen Weg der Barmherzigkeit als Mann zu gehen ist eine bewundernswerte Sache, aber die Entscheidung, als Ehefrau zu unterstützen, ist mindestens gleich bewundernswert. Für die Kinder war es sicher auch nicht immer einfach und verdient meine große Anerkennung. DANKE Familie Samandar!

Beim gemeinsamen Mittagessen erzählte Afschin von der Zeit bei seinem Vater und den Straßenkindern in Kabul, und wie er nach seiner Rückkehr entschied, für Kufa e.V. und somit für die Kinder in Afghanistan tätig zu werden. Zur Zeit macht Afschin Payman ein Praktikum bei SOS Kinderdörfer weltweit in München und kann in den verschiedensten Bereichen dieser Organisation Erfahrungen sammeln. Danke, Dr. Wilfried Vyslozil!

Ich hatte eine lange Frageliste für Baqi geschrieben. Gleich nach dem Essen legte ich los:

79 Kinder sind offiziell im Straßenkinderprojekt des Kufa e.V. Sind diese Kinder Waisen? Halbwaisen oder haben die Kinder noch Eltern?

Es wurden Waisenkinder und Halbwaisenkinder im Programm aufgenommen, aber auch Kinder deren Eltern sich nicht um die Kinder kümmern können ( Krankheit, Drogen).

Welche Ethnien sind vertreten?

Alle Ethnien sind vertreten, Hazara, Paschtunen, Usbeken, Tadschiken, Hindus... es spielt keine Rolle, welcher Ethnie die Kinder angehören. Es gehört zum Schwerpunkt im Straßenkinderprojekt, JEDEM MENSCHEN, EGAL OB FRAU ODER MANN, EGAL WELCHER HERKUNFT, MIT ACHTUNG UND WÜRDE ZU BEGEGNEN.

Wie viele Mädchen sind dort?

Zur Zeit sind 30 Mädchen im Programm aufgenommen, aber es kommen täglich ca. 40 Mädchen einfach so mit in die Einrichtung - also 70 Mädchen

Wie viele Mitarbeiter sind vor Ort?

Mit Baqi sind es 8 MitarbeiterInnen die im Projekt mitarbeiten.

Gibt es freiwillige HelferInnen?

Einige Studenten von der UNI in Kabul kommen einmal in der Woche und lernen mit den Kindern, machen Ethikunterricht. Einige Frauen treffen sich da und lernen mit den Kindern spinnen, weben, nähen u.s.w.

In der Küche wird gemeinsam gekocht. Im Garten gemeinsam angebaut und geerntet. Die Werkstätten werden von Kufa-Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen betreut. Im Lernzimmer unterrichten Studenten und Freiwillige.

Es gibt 2 Computer... es werden mehr gebraucht!

Was wird sonst noch gebraucht?

Schulartikel, Kleidung, Werkzeug,Hygieneartikel... alles was auch unsere Kinder hier brauchen.

So kamen wir auf die Idee herauszufinden wie viel ein Transporter nach Kabul kosten würde. Wir könnten ein Auto mit allen Waren beladen und auf dem Rückweg würde dieses die Holzarbeiten der Jugendlichen aus der Werkstatt mitnehmen und wir würden die geschnitzten Holzarbeiten (Kandankari) hier verkaufen.

Das wäre für nächstes Jahr geplant. Im Vorfeld müssen die Kosten und der sicherste Weg abgeklärt werden.

Baqi erzählte von seinen Bemühungen der Familienstärkung. Er hat Frauen Nähmaschinen und Stoffe zur Verfügung gestellt, Hühner gekauft, Mehl zum Brotbacken, aber alle Versuche Familien zu helfen, damit sie sich selber versorgen können sind nicht wirklich geglückt. "Außer vereinzelt...", hat er bescheiden hinzugefügt.

Ich bat Afschin diese Familienstärkungs-Modelle mit Dr. Vyslozil zu besprechen. SOS Kinderdörfer weltweit hat jahrelange Erfahrungen damit und weiß sicher wie diese am besten zu realisieren sind.

Danach gab ich Baqi und Afschin die E-Mail vom Bundesministerium für Integration und Äußeres zu lesen. (siehe unten). Wir besprachen, dass ich Hr. Köck ein Antwort E-Mail schicken werde und ihm darin die Information über Kufa e.V. mitteile. Das Rückkehrer-Programm, das von Österreich sehr gut gefördert wird, könnte auch für das Straßenkinderprogramm sehr hilfreich sein. Die Jugendlichen suchen dringend Bäckereien, Werkstätten, Restaurants, Büros u.ä., in denen sie eine Ausbildung machen können. Baqi könnte seine Kontakte in Kabul gut einsetzen um eine kleine, funktionierende Infrastruktur in Kabul aufzubauen.

Für unseren Verein „Gutes Tun“ werde ich ein Ansuchen an ADA (österreichische Entwicklungsagentur) schicken in dem ich das Projekt „Gemüseanbau in Kabul“ beschreibe. Die Idee: Baqi pachtet (vorerst für 1 Jahr) vom Nachbarbauern ein Feld. Der Bauer (ein Freund) und freiwillige HelferInnen zeigen den Kindern, wie man Bio-Gemüse anbaut und betreut, es pflegt, erntet und verarbeitet. Ein Kufa Mitarbeiter achtet darauf, dass die Kinder nicht als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden, sondern Spaß dabei haben, Gemüse aufzuziehen. Sobald ich die Kosten für Pacht, Arbeitskräfte und Samen bzw. Setzlinge von Baqi bekommen habe, schreibe ich den Antrag. Wenn es gut läuft machen wir es für das nächste Jahr wieder.

Maulbeerbäume könnten in ganz Kabul gepflanzt werden.

Danach sprachen wir über Baqi`s größte Sorge: die Straßenkinder und der kommende Winter. Im Sommer konnten die Kinder (zu den 78 betreuten Kindern gesellen sich täglich ca. 50 weitere dazu) sich im Haus und im Garten aufhalten. Im Winter wird es im Haus zu eng. Sobald Baqi wieder in Kabul ist, wird er gemeinsam mit einem Baumeister einen Holzbau mit Dach an das Haus anbauen, damit die Kinder wenigstens im Trockenen sind.

Lange haben wir über Möglichkeiten des Ausbaus gesprochen.

Um 15.30 brachten mich Baqi und Afschin zum Fernbus, mit dem ich zurück nach Innsbruck fuhr.

Ich empfinde eine große Dankbarkeit für das tolle Engagement von Rahman Nadjafi und die Arbeit von Baqi Samandar mit den Kindern in Kabul. Dass es nun Afschin Payman als Mitarbeiter im Kufa e.V. gibt und er SOS-Kinderdörfer-weltweit und unseren Verein mit Kufa e.V. verbindet, freut mich sehr!

Die Begegnung mit diesen wunderbaren Menschen ist ein großes Geschenk für mich persönlich und unseren Verein „Gutes Tun“, der auf vertrauenswürdige und verlässliche Menschen in Afghanistan angewiesen ist.

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