Zusammentreffen der Kinder und Familien im Oktober 2016

Vom Treffen der Familien im Oktober, vom Ausbau des Hauses und Neues von einem unserer ehemaligen Schützlingen.

Ausbau des Hauses

Seit etwa einem Monat ist der Ausbau des Hauses im Gange. Neben den volljährigen Kindern haben auch deren Familienangehörige und Freunde tatkräftig für das gemeinsame Ziel mit angepackt.

Zur Info hier eine Übersicht der Kosten:

hausbau

Wir sind sehr glücklich darüber, dass unser Projekt im nächsten Jahr noch mehr Kindern von der Straße zugute kommen wird. Auch die Kinder freuen sich schon auf neue Bekanntschaften und Spielkameraden.

Sulfia

Vor einiger Zeit berichteten wir bereits kurz über ein junges Mädchen namens Sulfia aus unserem Straßenkinder-Projekt. Von ihr gibt es mittlerweile gute Neuigkeiten.

Aber zuerst zu den damaligen Geschehnissen: Vor einigen Monaten kam ein fremder Mann zu ihr ins Haus und hielt bei ihren Eltern um ihre Hand an. Sie wurde nicht gefragt, doch ihr Vater stimmte der Hochzeit zu. Sulfia entgegnete ihrem Vater später entsetzt, dass sie zu diesem Zeitpunkt in ihrem Leben nicht heiraten möchte und erst recht nicht den ihr fremden Mann.

Zwei oder drei Tage später kam der Mann erneut, und diesmal äußerte Sulfia auch lautstark, dass sie ihn keinesfalls heiraten möchte. Er verließ das Haus ihrer Eltern. Zwei bis drei Tage später drang er zusammen mit weiteren Männern bewaffnet in das Haus von Sulfias Eltern ein und verletzte ihren Vater, ihren Bruder und ihre Mutter schwer. Daraufhin nahmen die Männer Sulfia gegen ihren Willen mit und vergewaltigten und verletzten auch sie sehr schwer.

Einige Tage nach dieser scheusslichen Taten wurde Sulfia von den Männern freigelassen. Sie suchte sofort ihr Zuhause auf. Dort musste sie feststellen, dass ihre Familie offenbar geflohen war.

Da sie nicht wusste, wo ihre Familie sich befand, und sie nun ganz allein in Kabul war, in der selben Stadt, in der die brutalen Männer sich aufhalten, die ihr Grauenvolles angetan haben, kam ihr der Gedanke, die Stadt und das Land so schnell wie möglich zu verlassen und nochmal komplett von vorne anzufangen. Leider fehlten ihr die nötigen finanziellen Mittel dazu, die wir glücklicherweise zusammen mit einer anderen Hilfsorganisation auftreiben konnten.

Auf Sulfias Wunsch baten wir einen jungen Mann aus unserem Straßenkinder-Projekt, sie auf ihrer Reise zu begleiten und ihr Sicherheit zu geben.

Der junge Mann, den Sulfia kennt und dem sie vertraut, durchlebte ebenfalls ein schweres Schicksal auf den Straßen Kabuls. Er hatte seit seiner Kindheit mit seinen Geschwistern lange Zeit auf der Straße gearbeitet, um seine Familie zu versorgen. So verkaufte er Eier, Bücher, Plastiktüten und Süßigkeiten, wusch Autos im heißen Sommer und eiskalten Winter auf den dicht befahrenen und chaotischen Straßen Kabuls, und segnete Autofahrer und Passanten mit einem Gebet und Rauch aus einer Blechdose. „Mal bekommt man Geld, mal nicht. Manchmal wird man beleidigt oder geschlagen“, erzählte er uns.

Zu Beginn wussten wir nicht, wo er wohnt und was seine Familie tut. Wir sahen ihn immer wieder an den selben Plätzen arbeiten und kamen langsam mit ihm ins Gespräch. Er erzählte uns, dass sein Vater zu alt und schwach für das Arbeiten und zudem behindert wäre. Auch zwei seiner jüngeren Geschwister arbeiteten zu diesem Zeitpunkt auf der Straße. Als ältester musste er schon früh seine Familie unterstützen und auf seine eigene Kindheit verzichten. Je näher wir ihn kennenlernten, umso klarer wurde, dass er unbedingt unsere Unterstützung benötigt.

Wir kennen ihn nun seit langer Zeit und haben großes Vetrauen zu ihm. Er war eines der ersten Kinder, die wir unterstützten. Niemand - vielleicht nicht einmal er selbst - hätte ihm damals zugetraut, dass er etwas anderes außer der Arbeit auf der Straße leisten könnte. In unserem Projekt erlernte er handwerkliche Arbeit, wurde einer der besten Tischlerschüler und besucht nun erfolgreich die Schule.

Wir haben mit ihm und seinen Eltern über die bevorstehende Reise gesprochen. Die Eltern waren äußert erfreut darüber, dass alle so riesiges Vertrauen in ihren Sohn haben. Seine Mutter wünschte ihm, dass auch er in Zukunft notleidende Kinder unterstützt und ihnen als positives Vorbild dienen kann.

Wir sind sehr froh darüber, dass Sulfia ihm so sehr vertraut und ihn als Begleitung auf ihrer Reise annimmt. Es ist schön zu sehen, welche Früchte unser Straßenkinder-Projekt hervorbringt, und es ist spannend zu beobachten, wohin sich dies alles in Zukunft noch entwickeln wird.

Eine Perspektive für alle

Wir hoffen, dass sich allen Kindern, Jugendlichen und Familien Kabuls bessere Perspektiven für die Zukunft bieten und die Menschen irgendwann die Möglichkeit haben, sich eine Existenz aufzubauen und ihr Leben selbst zu gestalten.

Am Ende des Tages gab es diesmal statt eines gemeinsamen Mahls frische Früchte, da es aufgrund der Bauarbeiten im Garten des Hauses derzeit zu gefährlich für die kleinsten Kinder ist.

Zum Abschluss erhielten wieder alle ihre monatliche Förderung, und wurden anschließend von unseren Mitarbeitern herzlich verabschiedet.

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