Eine traurige Nachricht

Unser langjähriger verehrter Vorsitzender und Gründer von KUFA e.V., Herr Rahman Nadjafi, ist am Ostermontag, dem 18. April 2022 früh am Morgen zu Hause in den Armen seiner Frau Ulrike Nadjafi gestorben.

Sein Leben lang schlug sein Herz für die Notleidenden und ganz besonders für die Straßenkinder in Afghanistan, hat er doch selbst in seiner Kindheit zeitweise wie ein Straßenkind gelebt. 

Mit 5 Jahren wurde er auf ein deutsches Gymnasium in Kabul eingeschult und machte dort sein Abitur als bester Schüler Kabuls seines Jahrgangs. Deshalb erhielt er vom Hamburger Senat ein Gaststipendiat. Er sudierte in Hamburg zunächst Geophysik, dann Mathmatik und Physik für das höhere Lehramt. Anschließend unterrichtete er am Heidberg-Gymnasium in Hamburg.

Schon während des Studiums engagierte er sich aktiv für Afghanistan. Nach dem Einmarsch der damaligen Sowjetunion in Afghanistan gründete er das humanitäre Komitee KUPFA, ( P - politische), später KUFA, welches sich auf vielfältige Weise für die afghanischen Flüchtlinge in Pakistan einsetzte und gab die politische Zeitschrift “Afghanistanblätter” heraus, die über die aktuelle Lage und die Kultur Afghanistans berichtete. In dieser Zeit begann auch seine enge Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für bedrohte Völker, deren Ehrenmitglied er wurde.

Neben einem großartigen Organisationstalent, enormer Kraft und Energie, und der Liebe zu den Notleidenden zeichnete ihn auch bemerkenswerter Mut aus.

So hat er, um die deutsche Öffentlichkeit auf das Elend in Afghanistan aufmerksam zu machen, die gewaltlose Besetzung der afghanischen Botschaft in Bonn mitorganisiert, bei welcher der Botschafter auf ihn schoß und ihn nur  knapp verfehlte, aber das Ziel wurde erreicht, das öffentliche Interesse an Afghanistan und damit auch die Spendenbereitschaft wuchsen.

Er organisierte Nahrungsmittel- und Medikamententransporte im großen Stil, ganze Krankenhauseinrichtungen, auch Fahrzeuge, wurden nach Pakistan geschafft, Schulen wurden unterstützt. Eine Klinik wurde gegründet.

Er veranstaltete im Curio Haus in Hamburg die internationale Tagung “Afghanistan Tribunal”, außerdem viele andere öffentliche Veranstaltungen wie die “Afghanistan Woche” in der Hamburger Innenstadt.

In dem ersten afghanischen Restaurant Deutschlands, welches er inzwischen eröffnet hatte, konnte er mit seiner charismatischen, begeisternden Art prominente Künstler wie Eric Burdon, Peter Maffay, Udo Lindenberg und viele andere als Unterstützer für seine humanitäre Arbeit gewinnen. Die geehrte Nina Hagen, die wie eine Schwester für ihn war, wurde Schirmherrin von KUFA.

Zahlreiche Kulturveranstaltungen organisierte er, sein Ideenreichtum war unbegrenzt.

In Hamburg veranstaltete er mehrere große afghanische Festivals, eines zu der Zeit, als die ersten Taliban Musik und Tanz verboten hatten und Drohungen gegen ihn aussprachen, die ihn aber nicht davon abgehalten haben, für kulturelle Freiheit einzutreten und das Kulturfestival trotzdem, mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen, durchzuführen.

Politisch aktiv in der 68er Studentenbewegung wuchs in ihm immer mehr die Gewissheit, dass Politik, wie er sich ausdrückte, “ein dreckiges Geschäft” sei, bei dem es in erster Linie um Macht und Machterhalt geht und nicht um die Menschen. So entschloss er sich, ausschließlich auf humanitärer Ebene zu arbeiten, weil dort mehr für die Notleidenden zu bewirken war. Daran änderten auch spätere Angebote für Ministerposten in Afghanistan oder die Einladung des afghanischen Königs, doch mit ihm zu arbeiten, nichts.

Er hat sich selbst aus der direkten politischen Arbeit zurückgezogen, erhielt aber parteiübergreifend von zahlreichen Politikern wie dem sehr geehrten Dr. Klaus von Dohnanyi, Petra Kelly, Otto Graf Lambsdorff  bis zu Theo Waigel und Franz Josef Strauss persönliche Anerkennungsbriefe für seine Arbeit.

Unermüdlich hat er mit ganzer Kraft und Liebe daran gearbeitet, den Ärmsten zu helfen, ihre Lebenssituation zu verbessern und den Kindern zu einer besseren Zukunftsperspektive zu verhelfen, indem er ihnen den Zugang zu Bildung verschaffte, und in den KUFA-Projekten, wie einem Frauen- und Waisenhaus und dem Straßenkinder- und Familien-Projekt, größten Wert auf die Förderung mitmenschlichen Verhaltens und klaren Denkens sowie auf die Förderung zur freien Entfaltung der Persönlichkeit legte, um so den Kindern den Weg zu bereiten, wie er immer sagte, zu Architekten eines freien Afghanistan werden zu können.

Sein Tod hat uns alle tief erschüttert. 

Als Herr Nadjafi spürte, dass sich seine Zeit als physischer Mensch hier auf der Erde dem Ende neigte, traf er Vorkehrungen seine Nachfolge und die weitere Arbeit betreffend, die wir mit Dankbarkeit umsetzen. Wir, das KUFA-Team, geben unser Bestes, ganz in seinem Sinne für die Notleidenden, besonders die Straßenkinder, weiterzuarbeiten und sind sicher, dass er uns immer begleiten und beistehen wird, das hat er versprochen.

Rahman Nadjafi

Abschiedsworte von Dr. Karim Rashid, unserem Projektleiter in Kabul:
“Najafi was one of the most complete humanists in the world. He was a perfectly spiritual person”

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Mich läßt der Gedanke an den Tod in völliger Ruhe. 
Ist es doch so wie mit der Sonne: 
Wir sehen sie am Horizont untergehen, 
aber wissen, dass sie "drüben" wieder scheint.

Johann Wolfgang von Goethe

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Ich versuchte, ihn zu finden
am Kreuz der Christen,
aber er war nicht dort. 

Ich ging zu den Tempeln der Hindus
und zu den alten Pagoden, aber ich 
konnte nirgendwo eine Spur von ihm finden. 

Ich suchte in den Bergen und Tälern, 
aber weder in der Höhe noch in der Tiefe 
sah ich mich imstande, ihn zu finden. 

Ich ging zur Kaaba in Mekka, 
aber dort war er auch nicht. 

Ich befragte die Gelehrten und Philosophen, 
aber er war jenseits ihres Verstehens. 

Ich prüfte mein Herz, und dort verweilte er, 
als ich ihn sah. Er ist nirgends sonst zu finden. 

Maulana Rumi

Nachruf von Dr. Rasoul Rahim

Najafi war die Medaille des Bewusstseins auf der Brust des Mutterlandes.

In diesem Moment, in dem mein lieber und freundlichster Freund Abdul Rahman Najafi uns für immer verlässt, möchte ich seiner geschätzten Frau Ulrike Nadjafi, seinen Töchtern Simin Nadjafi, Nina Heitmann, seinen geschätzten Brüdern Dr. Wahid Najafi, Mahmud Najafi, Dr. Fazil Najafi und Daoud Najafi, und seinen Kollegen in der KUfA und KUFAs Partnerverein A.S.C.R.C.O. mein herzlichstes Beileid aussprechen.

Die Nachricht vom Tod meines langjährigen Freundes Abdul Rahman Nadjafi war alles andere als erwartet. Ich kenne ihn seit 1970, als er einer der aktivsten Intellektuellen der Studentenbewegung von 1968 in Deutschland war. Als ich 1980 nach Pakistan kam, wohnte ich eine Zeit lang im KU(P)FA-Gebäude. Mein verstorbener Freund Dr. Abdul Rauf Akef und der verstorbene Hakim Tenival lebten damals ebenfalls dort. KU(P)FA war ein Zufluchtsort für Intellektuelle, die im polarisierten Umfeld der Einwanderung in Peshawar keinen sicheren Ort zum Leben hatten. In dieser Zeit wurde ich Zeuge der enormen Menge an Nahrungsmittelhilfe, Kleidung und Medikamenten, die der liebe Nadjafi aus Deutschland an die armen Flüchtlinge schickte. 

1982, nach meiner Teilnahme an der Internationalen Florenzer Konferenz gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans, kam ich auf Initiative von Nadjafi und auf Einladung von KU(P)FA nach Deutschland und verbrachte zehn Tage mit Vertretern aller großen deutschen Parteien und Intellektuellen zur Afghanistan-Frage. Wir haben unsere Meinungen dazu ausgetauscht. Nadjafis Organisationstalent und seine umfangreichen sozialen Beziehungen waren während dieser Zeit für mich erstaunlich.

Seitdem ich 1980 eine Zeit lang im KU(P)FA-Gebäude in Peshawar gelebt habe, besteht zwischen mir und dem verstorbenen Najafi eine sehr herzliche und verständnisvolle Beziehung, und bis vor ein oder zwei Wochen, gab es einen Facebook- und manchmal einen Telefonkontakt zwischen uns, diese Beziehung hatte ihre beispiellose Frische und Intimität bewahrt.

Nadjafi selbst, der in seiner Kindheit und frühen Jugend das Leid benachteiligter Menschen erlebt hatte, versuchte von den 1960er Jahren bis zu seinem letzten Atemzug in verschiedenen Formen, sowohl politisch als auch humanitär, dieses Leid zu beseitigen oder zumindest zu lindern. Dasselbe Ziel verfolgten auch seine Mitarbeit in Studentenbewegungen und seine Bemühungen um die Gründung nichtstaatlicher humanitärer Organisationen. 

Man kann sagen, dass er der größte Philanthrop in der zeitgenössischen Geschichte Afghanistans ist, der mit seinen beispiellosen persönlichen Opfern und bewundernswerten Initiativen zur Mobilisierung der öffentlichen Meinung und Unterstützung die Kapazität von KUFA und seinem Partnerverein A.S.C.R.C.O. auf das Niveau ehrenwerter humanitärer Institutionen erhoben hat. Mit diesen beharrlichen Bemühungen erreichte Najafi den Punkt der Unsterblichkeit. Für mich ist er das perfekte Beispiel für dieses Gedicht von Mousavi Garma Rudi:

Er ist nicht tot 
Diese Leidenschaft und dieses Selbstbewusstsein sind unsterblich
Er ist nicht vergangen 
Dass der Berg immer steht 
Er fließt immer in den Bergen und Ebenen der Heimat
Er ist die Medaille des Bewusstseins auf der Brust des Vaterlandes.

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