Zusammenkunft der Kinder im August 2014

Geldauszahlung, Anekdoten, Lernen und Malen

Wie immer wurden auch diesmal die Kinder von ihrem seelischen Fürsorger und Vater Herrn Samandar und unserem Projektleiter Herrn Zia ganz lieb empfangen. Jedes Kind bekam zwei Lehrbücher und einige Farbstifte und Malmaterial. Herr Zia hat für die Kinder ein Tageslernprogramm zusammengestellt und ermunterte die Mädchen und Jungs zunächst, sozialkritische Anekdoten zu erzählen.

Als Erster meldete sich Aref (Junge) und erzählte: Fünf Männer schließen sich zusammen und fingen an, in einem kleinen Ort, in dem es schon eine Moschee gab, noch eine weitere zu bauen weil sie glaubten, wer eine Moschee baut, kommt sicher ins Paradies. Als nun diese Moschee fertig gestellt war, kamen aber außer den fünf Männern keine weiteren Menschen dort hin zum Beten. Die Männer waren enttäuscht und fingen an, sich Gedanken zu machen, mit welchem Werbeslogan sie die Menschen in ihre Moschee locken könnten. Schließlich einigten sie sich darauf, einen Aushang zu machen mit dem Spruch: "Wer zu uns zum Beten kommt, dem bieten wir das Morgengebet waschfrei an". (Für alle Muslime ist es Pflicht, sich vor dem Beten zu waschen.)

Alle lachten fröhlich. Nun ergriff Herr Zia das Wort und fragte, warum diese Männer keinen Erfolg hatten und niemand in ihre Moschee kam? Die Kinder hatten viele Antworten:

  • Golam Tawab, ein achtjähriger Junge, sagte: "Vielleicht, weil die Männer keinen guten Ruf hatten und sie keiner leiden mochte."
  • Baschier Ahmad, ein dreizehnjähriger Junge, meldete sich zu Wort und sagte: "Weil die Menschen in diesem Ort etwas ahnten und die fünf Männer verdächtigten, aus Saudi Arabien und von dessen Verbündeten, den Wahhabiten, das Geld bekommen zu haben, um diese Moschee zu bauen, um dort weitere Mörder und Attentäter auszubilden und somit weitere Menschen umzubringen, oder Mädchenschulen in Brand zu setzen."
  • Marsia, ein vierzehnjähriges Mädchen, sagte: "Golam kann Recht haben und Baschir könnte auch richtig gedacht haben, aber ich denke, dass die Männer nicht richtig rechnen konnten. In diesem kleinen Ort gab es ja schon eine Moschee, die Platz für alle Einwohner bot."
  • Allah Mohammad, ein fünfzehnjähriger Junge, meinte, die Männer hätten mit ihrem Werbespruch ihre eigene Religion verraten. Einerseits seien sie so "gläubig", dass sie sich mit dem Bau einer Moschee den Weg ins Paradies zu sichern glaubten, andererseits gäben sie ein fundamentales islamisches Gebot, nämlich das Waschen vor dem Gebet, als Rabatt. Das sei widersprüchlich und die Männer zeigten damit ihre Dummheit.

Einige weitere Kinder erzählten ebenfalls kleine Anekdoten, wobei sich die Anwesenden gut amüsierten.

Anschliessend erzählte Baqi Samandar anhand der Landkarte Afghanistans einige wahre Geschichten aus verschiedenen Provinzen und Städten, so auch eine von Rabia Balchi. Anschließend fragte er die Kinder, wer Rabia Balchi gewesen sei und wo auf der Karte Balch zu finden sei. Fast alle Kinder wussten, dass es sich um eine grosse Dichterin und weise Frau aus der Geschichte Afghanistans handelt.

Eine weitere Frage stellte er zum Hindukuschgebirge, z.B. wo dieses sei und warum es so hieße. Nachdem ein kleines Kind (Reihana) es zunächst in Kabul vermutete, meldete sich Nerdosch Sing (ein Kind hinduistischer Eltern) und ergänzte: "Der Hindukusch ist eine Gebirgskette, die sich durch Kabul zieht und bis zum Himalaya reicht. Der Teil, der in Kabul liegt, ist für uns Hindus und Sikhs ein heiliger Berg, wo vor tausenden Jahren unsere Vorfahren einen grossen Tempel gebaut haben mit einem Platz, an welchem die Verstorbenen rituell verbrannt wurden."

So lernten die Kinder spielerisch Geschichte und Geographie.

Nach dem fröhlichen gemeinsamen Essen erhielten alle einundfünfzig anwesenden Kinder ihre monatliche Unterstützung von 40,- USD. Nach einem ausgefüllten, harmonischen, familiären Tag haben sich alle lieb von einander verabschiedet, bis zum nächsten Mal!

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